Orient und Okzident sind nicht mehr zu trennen: Uecker-Hafis-Goethe im Goethe Museum; MuseumsHerbst
- Alexander Ringel
- 31. Okt. 2020
- 3 Min. Lesezeit
So oft gingen wir schon am Schloß Jägerhof vorbei, doch wir waren noch nie drin. So bot sich jetzt die Ausstellung von Uecker - Hafis - Goethe an, endlich mal das Goethe Museum im Schloß Jägerhof zu besuchen. Das Gebäude wurde nach Bauplänen von 1748 errichtet, mit denen Kurfürst Carl Theodor zu Pfalz den Aachener Baumeister Johann Josef Couven beauftragt hatte und sie dann vermutlich von seinem Architekten Nicolas de Pigage überarbeiten ließ. Ein Jahr vor Goethes Geburt entworfen, wurde das Gebäude erst 1772 fertiggestellt.

Hundertfach bin ich an dem Museum vorbei gelaufen, doch letzte Woche war es dieses Plakat, was meine Aufmerksamkeit auf das Museum lenkte:

Uecker - klar kennt man, Goethe - natürlich, Hafis... ??? und was haben die miteinander zu schaffen?
Poesie kann so kraftvoll sein, dass sie andere Künstler fast zwangsläufig zu eigenen Werken inspiriert, und das über geografische, historische und kulturelle Grenzen hinweg. Wenn Günther Uecker sagt: »Sobald ich lese, muss ich auch malen« und Goethe erklärt: »Ich musste mich dagegen produktiv verhalten, weil ich sonst vor der mächtigen Erscheinung nicht hätte bestehen können«, so beziehen sich beide auf dasselbe Werk. Beide, der Weimarer Klassiker und der Gegenwartskünstler, konnten sich der schöpferischen Energie der Gedichte aus demDiwan (der Sammlung) des persischen Poeten Hafis (auch: Hafez) aus dem 14. Jahrhundert nicht entziehen. Vielmehr geriet der eine wie der andere durch die Lektüre in einen Schaffensrausch. (Goethe Museum)
Die alten Schriften sagten mir nichts und auch Hafis hatte ich zuvor nie gehört. Wikipedia schreibt: geboren um 1315 oder 1325 in Schiras,Iran; gestorben um 1390 ebenda) ist einer der bekanntesten persischenDichter und Mystiker. Sein voller Name umfasst auch den Namen seines Herkunftsortes Schiras. Da Hafis schon im Kindesalter den gesamtenKoranauswendig gelernt hatte, erhielt er den Ehrennamen„Hafis“(„jener, der den Koran auswendig kann“). Auch er selbst verwendete in seinen Gedichten fast ausschließlich den Namen Hafis. Sein bekanntestes Werk stellt der Dīwān dar. Uecker - unser Düsseldorfer 'Nagelkünstler' nimmt die Verse und Gedichte von Hafis mit in seine Werke. Interessant dabei, dass auch Goethe von den Versen inspiriert wurde und sowohl Goethe als auch Uecker neben dem Inhalt der Verse auch die Kaligraphie der Verse bewunderten und versuchten nachzuzeichnen und selbst in ihren Werken zu integrieren. Die Ausstellung war auch in Teheran ein großer Erfolg, umso schöner, dass wir Gelegenheit haben die Ausstellung als Sonderausstellung zu Ueckers 90-igsten Geburtstag in Düsseldorf zu sehen.
Die erste Zeile des Diwans ist im ersten Halbvers Arabisch, im zweiten Persisch - aber das hättet Ihr bestimmt auch selbst bemerkt ;-)

A-lā yā ayyuhā s-sāqī adir kaʾsanwa nāwilhā, Ke aschqh āsān namud awwal wali oftād moschkelhā
Reich das Glas, Schenk! Lass es kreisen! So einfach schien die Liebe mir, doch nun sing ich dunkle Weisen.
Eindrücklicher kann der Zusammenhang von Poesie und Kaligraphie kaum dargestellt werden und Uecker bringt das in unsere/seine Zeit und Formen- und Farbensprache.
Komm ich ihr nachgegangen, so wird sie schelten eben; Und legt sich mein Verlangen, wird sich ihr Zorn erheben. Und wenn ich voll Verlangen einmal auf ihrem Wege, Wie Staub zu Fuß ihr falle, wird sie wie Wind entschweben.
Wir üben Treu’ und wagen Tadel und sind fröhlich; Denn Todsünd’ ist’s nach unserm Gesetz, bekümmert leben. Du küsse nichts als Lippen des Liebchens und des Bechers; Den Gleißnerhänden, Hafis, ist’s Sünde, Kuss zu geben.
und was Goethe über Hafis schrieb:
Und mag die ganze Welt versinken, Hafis mit dir, mit dir allein Will ich wetteifern! Lust und Pein Sei uns, den Zwillingen, gemein! Wie du zu lieben und zu trinken, Das soll mein Stolz, mein Leben sein.
Du bist der Freuden echte Dichterquelle Und ungezählt entfließt dir Well’ auf Welle. Zum Küssen stets bereiter Mund, Ein Brustgesang, der lieblich fließet, Zum Trinken stets gereizter Schlund, Ein gutes Herz, das sich ergießet.
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