26./27.Mai 2024, Neapel - Schönheit und Verfall
- Alexander Ringel
- 27. Mai 2024
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 28. Mai 2024
Was für eine Stadt! Schön, verfallen, chaotisch, anarchisch, dreckig, voll, mondän, eng, arm, reich, ….egal, alles ist richtig und trifft zu. Wir hatten für zwei Tage eine Führung zur Orientierung, und um die Stadt verstehen zu lernen. Die Stadt hat sich nie autonom regiert, war aber oft Zentrum der Macht. Etwas schwer zu verstehen, deshalb habe ich mal eine möglichst einfache Übersicht der Geschichte Neapels herausgesucht:
Geschichte von Neapel
Napolis im Altertum: Die Griechen gründeten Parthenope
Bereits die Griechen entdeckten die einmalige Schönheit der Landschaft und gründeten im 8. Jh. v.Chr. die Stadt Parthenope.
Aber auch davor war der Golf von Neapel im Bronze- und Eisenzeitalter bereits besiedelt, wie neueste Funde bei Ausgrabungen unter Piazza Garibaldi vor dem Hauptbahnhof belegen.Stadtgründer waren die bereits weiter nördlich, im Gebiet des heutigen Cuma und Pozzuoli ansässigen Cumaner.
Gassen verbinden die Decumani
Die Griechen wählten für ihre neue Stadt Parthenope den Felsen Monte Echia, angrenzend an den heutigen Stadtteil Santa Lucia und die Halbinsel, auf der sich dasCastel d’Ovo befindet. Das Gebiet war bei Seeräubern beliebt, deshalb versteckten die Helenen ihre Stadt hinter einer hohen Stadtmauer.
Im 6. Jh. v. Chr. verließen die Griechen aus ungeklärten Gründen Parthenope und gründeten Napolis, die "neue Stadt" an ihrem heutigen Standort.
Unter der griechischen Herrschaft entstand eine Hochkultur. Die heute noch erhaltene Struktur der Innenstadt mit den Decumani mit der heutigen Spaccanapoli wurde angelegt. Der unter der Stadt befindliche Tuffstein wurde abgebaut und war beliebtes und leicht zu bearbeitendes Baumaterial für Häuser und Tempel. Die beim Abbau entstandenen Tuffsteinhöhlen wurden über Regenwassereinleitungen gefüllt und es entstanden öffentliche und private Brunnen. Die Aristokratie konnte damit Wasser in ihre eigenen Häuser leiten und war privilegiert gegenüber dem Volk, das aus öffentlichen Brunnen schöpfen musste.
Griechisch-römische Statue des Gottes Nil in Piazzetta Nilo, Spaccanapoli
Die Gründung von Napolis unter den Römern
Im Jahr 327 v.Chr. eroberten die Römer die Herrschaft in Napolis, die griechische Sprache existierte jedoch weiter. Unter Kaiser Augustus fanden in Napolis eine Art italienischer Olympischer Spiele statt.
Der letzte römische Kaiser Romolo Augusto wurde im Castel dell'Ovo eingesperrt und mit dem Ende des antiken Zeitalters und der Herrschaft der Barbaren zog sich Napolis in seine Stadtmauern zurück.
auf dem Statplan finden
Napolis im Mittelalter
Im 6. Jh. wurde Neapel von den Ostgoten unter Kaiser Justinian eingenommen mit dem Versuch, das römische Reich wieder zu etablieren.
Einteilung der Stadt in Bezirke Sedili, hier Hafenbezirk
Nach dem Tod von Kaiser Justinian I. fielen die Langobarden in Italien ein, Napolis blieb jedoch weiter unter der Herrschaft der Byzantiner.
Nach den folgenden Herrschaftsperioden von Normannen, Staufen, Anjou, Aragonesen wurde Neapel dem Spanisch-Habsburgischen Reich zugeordnet.
Spanisch-Habsburgisches Reich
In den Jahren der Herrschaft von 1501 bis 1713 entstand das spanische Stadtviertel Quartieri Spagnoli, da Neapel aufgrund eines gewaltigen Bevölkerungswachstums aus allen Nähten platzte. Unter dem spanischen Vizekönig Pedro Álvarez de Toledo (nach ihm wurde die Via Toledo im spanischen Viertel benannt), begann die grausame Periode der Inquisition in Neapel, das Volk wurde ausgepresst und die sozialen Spannungen verschärften sich.
Spanisches Viertel bei via Toledo
Während der Revolte von 1647 unter Masaniello wurde die neapolitanische Republik ausgerufen, die jedoch nur ein Jahr Bestand hatte.Erst unter der Herrschaft der Bourbonen von 1734 bis 1806 unter Karl VII. ging es wirtschaftlich und kulturell voran.
Königreich und Republik Italien
1860 wurde der Einmarsch von Giuseppe Garibaldi in Neapel von der Bevölkerung stürmisch begrüßt, die sich in einer Volksbefragung für den Anschluss an das Königreich Italien aussprach.
Vittorio Emanuele III, König von Italien (1869 in Neapel geboren) führte in seiner Heimatstadt infrastrukturelle und industrielle Maßnahmen ein, die die Lebensqualität der Neapolitaner enorm verbesserten.
Tuffsteinhöhlen als Luftschutzkeller.
Während des 2. Weltkrieges war Neapel starken Bombardements ausgesetzt. Trotz des Systems der Tuffsteinhöhlen, die als Luftschutzbunker dienten, starben 20-25 Tausend Menschen bei den Luftangriffen der Alliierten.Als 1946 ein Volksentscheid über die künftige Staatsform entscheiden sollte, stimmte ein Großteil der Einwohner Neapels für die Fortführung der Monarchie. Die italienische Republik wurde dennoch eingeführt und der Neapolitaner Enrico de Nicola wurde zum erstem Präsidenten gewählt. Quelle: Neapel.vita-italia.it
mit der Standseilbahn , Funiculare, sind wir als erstes in den oberen Teil der Stadt gefahren.
Immer den Ohrwurm im Kopf: Funiculi Funicula
Unser erstes Ziel war das Castel Sant Elmo
Zuvor erwartete uns aber eine völlig andere Stadt als am Fuße der Bahn, breite Straßen, bürgerliche Züge, relative Ruhe und Ordnung.
Von hier oben erkannte man das Stadtbild besser. Das spanische Viertel, die Altstadt, den Hafen, die Phlegräische Felder und die Lage zwischen den Vulkanen.
Wir fuhren von hier wieder runter mit einer anderen Funiculore in die Altstadt, wo uns kleine Märkte erwarteten und wieder das Gewimmel der engen Gassen:
Nachmittags waren wir auch am Castel Nuovo am Hafen, bevor es abends dann zum nächsten Castel ging:
Unser Restaurant für den Abend war die Empfehlung unseres Reiseleiters Florian gegenüber des Castel Ovo direkt am Yachthafen. Wunderschöne Lage, wir waren aber auch ziemlich geschafft.
Montag
Der Morgen fing mit Blumen an

und führte uns in unsere erste Kirche heute

und einer der bedeutendsten der toskanischen Renaissance in Neapel.
Hier nur ein paar Eindrücke:https://de.m.wikipedia.org/wiki/Sant’Anna_dei_Lombardi
Als nächstes kamen wir in die bedeutendste Barockkirche, der Jesuitenkirche Gesù Nuovo

Vor der Jesuitenkirche steht eine Mariensäule, die von vorne mit einem Blumenstrauß im Arm, der jeweils am 8. Sep. gewechselt wird, das Leben verkörpert. Von der Rückseite erscheint jedoch der Sensenmann, um den Tod auch darzustellen.


Von hier führte uns der Weg durch die engen Gassen der Altstadt und auch zu den berühmten neapolitanischen Krippenbauern:
Unter den vielen Graffitis ist auch:

Zum Schluss unserer geführten Erkundung kamen wir zum Dom:

Die kostbare Ausstattung der Kathedrale zeugt von der einstigen Bedeutung Neapels, ob es die Reliquien sind oder die mit den wertvollsten Edelsteinen besetzte Mitra von Gennaro.
In zwei Tagen gab uns unser Reiseführer Florian eine gute Übersicht und soviel kunsthistorische Informationen, dass wir noch etwas Zeit benötigen, um das alles zu verarbeiten. Für kunstinteressierte Freunde ist dies eine gute Empfehlung für profunde Führungen in Neapel.

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