26.März 2024 Sevilla - Licht und Schatten
- Alexander Ringel
- 27. März 2024
- 4 Min. Lesezeit
Die Stadt ist nicht voll, nicht sehr voll, nein, sie quillt über vor Menschen. So etwas kann man kaum beschreiben und so etwas zu erleben ist schon ein Erlebnis, also Licht. Als wir aber heute versuchten noch eine Stadtführung zu bekommen, egal welche - deutsch, englisch, spanisch; kurz oder lang, oder ein Ticket für die Besichtigung der Kathedrale oder für den königlichen Palast / Alcazar, diese Woche ist ALLES ausverkauft! Sehr viel Schatten also.
Der Grund ist einfach, denn es ist einfach eine phantastische Stadt. Hier ein Abriss über die Geschichte, die ich garnicht weiter kürzen möchte:
Dem Mythos nach soll es kein Geringerer als Herkules gewesen sein, der den Grundstein für die Stadt am Guadalquivir legte. Siedlungen der Iberer, Phönizier und Karthager folgte die Befestigung durch die Römer um 200 v. Chr., veranlasst durch Cäsar, der von hier aus gegen seinen Rivalen Pompejus, dem Córdoba zur Seite stand, opponierte. Sevilla trug zu römischer Zeit den Namen "Colonia Iulia Romula".Nach dem kurzen "Gastspiel" der Vandalen entwickelte sich die Stadt unter der Herrschaft der Westgoten zu einem kulturellen Zentrum. Die herausragende Gestalt jener Zeit war der hl. Isidor (555 - 636), Bischof der Stadt. Der Mitbegründer der "Schule von Sevilla" fasste das Wissen seiner Zeit in enzyklopädischer Form zusammen. Kampflos fiel die Stadt im Jahre 712 den Mauren in die Hände, die sie nun Ischbiliya nannten, "die ausgedehnte Stadt". Lange Zeit stand Sevilla im Schatten von Córdoba, das weitaus größere Bedeutung hatte. Nach dem Untergang des Kalifats wurde es Hauptstadt eines mächtigen Kleinkönigreichs (taifa). Der Herrschaft der Almoraviden über Andalusien folgte 1147 die Herrschaft der Almohaden, die Sevilla zu ihrem Hauptsitz erhoben. Dieser wirtschaftlichen und kulturellen Blütezeit ist eine neue Befestigungsanlage zu verdanken, und damals entstand neben dem Goldenen Turm auch das heutige Wahrzeichen der Stadt, das einstige Minarett der Hauptmoschee, die Giralda. Bereits 1285 ergab sich die Stadt nach mehrmonatiger Belagerung kampflos den Truppen Ferdinands III. Knapp 100 Jahre später entstand unter dem kastilischen Herrscher Peter I. (1350 - 1369), der Grausame, das vielleicht schönste Bauensemble der Stadt, der Alcázar, errichtet von maurischen Handwerkern. Den Zenit seiner Geschichte erreichte Sevilla im 16. Jh., als über den Hafen der gesamte Handel mit der Neuen Welt abgewickelt wurde. Unermesslicher Reichtum strömte nach Sevilla, zeitgenössische Berichte sprechen von Schiffsladungen voll Gold und Silber, die anschließend in der staatlichen Münze eingeschmolzen wurden. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung verband sich der sprunghafte Anstieg der Einwohnerzahl. Um 1600 lebten hier etwa 150 000 Menschen, mehr als im damaligen Madrid. Prächtige Bauten entstanden in dieser Zeit, ein Phase hoher kultureller Blüte, in der Maler wie Velázquez, Zurbarán und Murillo in der Stadt wirkten.1717 musste Sevilla die Monopolstellung im Amerikahandel an Cádiz abgeben, da der zunehmend versandende Hafen immer schwieriger anzlaufen war. Auch suchten mehrere große Katastrophen die Stadt heim. Mitte des 17. Jhs. erlag die Hälfte der Bevölkerung einer Pestepedemie; im Jahre 1755 fielen zahlreiche Bauwerke einem verheerenden Erdbeben zum Opfer. Sevilla hatte im 18. Jh. an Glanz eingebüßt, blieb jedoch ein agrarisches Zentrum. 1929 stand die Stadt erstmalig wieder im Blickfeld des internationalen Interesses, als hier die Ibero-Amerikanische Ausstellung ihre Pforten eröffnete. Die Weltausstellung 1992 rückte Sevilla erneut ins Licht der Öffentlichkeit, damit verbunden waren zahlreiche Investitionen wie der Bau von acht neuen Brücken über den Guadalquivir, die Anbindung an Madrik mit dem Hochgeschindigkeitszug AVE und der Bau neuer Hotels. (Quelle: www schwarzaufweiss de)
Also das sind genügend Gründe, staunend durch die Stadt zu laufen. Also weiß ich jetzt schon, dass es gut ist JETZT hier zu sein und gut sein wird, zu ruhigeren Zeiten wieder zu kommen.
Semana Santa - Karwoche in Sevilla
Der Grund, warum wir JETZT hier sind, La Semana Santa:
Jung und Alt, selbst die Kleinsten und pubertäre Jugendliche, die Menschen sind in dieser Woche ausnehmend gut gekleidet. Selbst Jugendliche tragen offensichtlich freiwillig Anzug und Krawatte. Die Menschen strömen zu tausenden zu den Prozessionen. Was ist für uns vergleichbar? Fronleichnam? Zu wenig Menschen! Rosenmontag in Köln? Ja, das passt vielleicht von den Menschenmassen, doch hier gibts weder Kamelle noch Strüsskes.
Die Prozessionen sind tief in der religiösen Tradition und im Alltag verwurzelt. Familien mit Kleinkindern stehen- so wie wir jetzt- mindestens drei Stunden auf der Straße und warten auf die Prozession. Es kommen die Büßer mit Spitzhüten und bodenlangen Gewändern verhüllt , dann die Musik mit Trauermärschen und dann werden die szenischen großen und goldgeschmückten Bildnisse des Leidenswegs Jesu von bis zu 40 Trägern unter der Szene getragen.

Dann wieder Musik und Büßer ... Hunderte. Die Prozession an sich vorbeiziehen zu lassen, dauert ca eine Stunde. Die verschiedenen Bruderschaften in der Stadt haben die verschiedenen Leidensstationen und Bildnisse und es gibt für jedes Jahr Handbüchlein, die genau beschreiben, was wann und wo in welcher Straße geschieht.
Nach der Prozession, des Stehends kaum noch fähig, versuchten wir die Altstadt zu verlassen. VERSUCHTEN, denn nirgendwo war ein durchkommen. Die Menschenmassen strömten hin und her, aber am Ende einer Gasse lief dann noch eine Prozession und versperrte den Durchgang. Gott sei Dank gibt es einen Routenplaner auf dem Handy, der uns jedoch auch nur von einer Verstpfung zur nächsten führte. Wir sind gestern insgesamt 18 km durch die Stadt gelaufen, wobei wir über 3 Stunden am Wegesrand die Prozession abwarteten.
HEUTE STEHEN FÜR UNS KEINE PROZESSIONEN auf dem Plan.
Obwohl, es ist Fazinierend und Beeindruckend!
Und noch ein Nachtrag:
So sieht der Zeitplan für die Prozessionen pro Tag aus:


Hallo Ihr Lieben, danke für den wunderbaren, informativen Geschichtsunterricht über die Stadt und die ausgeprägte katholische Kultur. Man kann anhand der kleinen 🎥 Filmchen ein wenig nachvollziehen, wie die Spanier die Karwoche feiern. Irgendwie sind die Menschenmassen aber auch beängstigend. Wir freuen uns auf eure Erzählungen, wenn ihr wieder zurück seid.
Trotz Anstrengung und schmerzenden Beine (durch das lange stehen) war es ein tolles Erlebnis ,die Menschen Massen möchte man sich bei eine Panik garnicht vorstellen.